Implantiert by Scott Sigler

Autor:Scott Sigler [Sigler, Scott]
Die sprache: deu
Format: azw3, epub, mobi
veröffentlicht: 2014-05-31T22:00:00+00:00

26. November: Schachmatt

Implantation + 17 Tage

Colding starrte das Schachbrett an und grübelte über seinen nächsten Zug nach. Er durfte nichts vermasseln, denn er stand kurz davor zu gewinnen. Er würde Jian tatsächlich besiegen. Keinem Mitarbeiter des Projekts war das je gelungen. Gut, vielleicht war sie immer noch ein wenig wirr im Kopf aufgrund der reduzierten Medikamentendosis, doch wenn es darum ging, sie zu besiegen, wäre Colding jedes Mittel recht.

Während der letzten beiden Tage war er Sara so weit wie möglich aus dem Weg gegangen. Aber natürlich erst, nachdem er in ihr Zimmer gegangen war und die dortigen Kameras funktionsuntüchtig gemacht hatte. Er wusste nicht, wie er ihr sagen sollte, dass Andy »Das Arschloch« Crosthwaite ein Video besaß, das sie nackt beim Sex zeigte.

Gegenüber Sara erklärte er seine Distanziertheit damit, dass er sich auf Jian konzentrieren musste, nachdem er diesen Teil seiner Aufgaben mehr als nur ein wenig vernachlässigt hatte. Sara verstand ihn. Schließlich war das keine Lüge, denn er konzentrierte sich tatsächlich auf Jian. Er überwachte ihre gesundheitlichen Fortschritte und stellte sicher, dass Rhumkorrf ihr die angemessene Menge an Medikamenten gab. Und er spielte viel Schach mit ihr.

Colding zog mit seinem Springer und lächelte. »Schach.«

Jian starrte mit ausdrucksloser Miene aus dem Panoramafenster der Lounge. Sie schien vergessen zu haben, dass Colding überhaupt hier war. Sie sah allerdings schon viel besser aus. Offensichtlich wirkte die neue Dosis.

»Jian?«

Sie saß einfach nur da, während sie unablässig eine Flasche Dr Pepper in den Händen drehte, bis das Getränk hellbraun war. Die normalerweise dunkel-karamellfarbene Flüssigkeit wurde von durchsichtigen Gasbläschen aufgehellt, die dem Druck der Flaschenwand zu entkommen versuchten. Sollte sie sie öffnen, dachte Colding, würde das ganze Ding explodieren.

»Hey, Kindchen, passen Sie auf – Sie stehen im Schach.«

Sie warf einen Blick auf das Brett. Dann drehte sie ihre Dr-Pepper-Flasche weiter.

»Jian, reden Sie mit mir. Was macht Ihnen so zu schaffen?«

Sie sah ihn an. Jetzt war ihr Blick wieder konzentriert. »Sie sind zu groß.«

»Ich weiß. Aber das ist schon in Ordnung. Gary Detweiler besorgt Material für schwere Käfige. In ein paar Tagen werden wir sie aufgebaut haben. Der Doc hat mir gesagt, dass wir die Tiere damit unter Kontrolle halten können.«

Sie lachte. »Doktor Rhumkorrf will seinen Namen auf der Titelseite von Time Magazine sehen. Er würde das Leben von uns allen riskieren.«

Colding dachte an die reduzierte Medikamentendosis. Jian wusste ja gar nicht, wie Recht sie hatte. Er dachte an die Käfige und an den winzigen Fötus, der in die Kamera gebissen hatte. Diese Kreatur würde schon bald um die zweihundert Pfund wiegen. Mindestens. Rhumkorrf hatte ihm versichert, dass es keinerlei Probleme geben würde, doch was dieser Mann verkündete, war bestenfalls fragwürdig. Wenn Jian sich Sorgen machte, dann war auch Colding besorgt. »Warum sind die Föten so viel größer, als Sie erwartet hatten?«

Sie sah zu Boden. Die Flasche drehte sich noch schneller. »Ich … ich habe das Gewicht vorausberechnet, aber … vielleicht konnte ich nicht klar denken.«

Nicht klar denken. Er versuchte, sich die zeitlichen Abläufe zu vergegenwärtigen. Als sie vor drei Wochen Baffin Island verlassen hatten, war Jian gerade der Durchbruch gelungen; damals hatte sie das erfolgreiche Genom auf den Weg gebracht.

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